Deutsche Kindergärten und Grundschulen notwendiger denn je

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Soziologische Untersuchung der deutschen Volksgruppe durch die Universität Osaka in Japan bestätigt Aussagen der AGMO e.V.

Nach mehreren Monaten konnte die AGMO e.V. nun endlich die deutschsprachige Fassung einer vor kurzem präsentierten soziologischen Untersuchung von Mitgliedern der Sozialkulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien (SKGD Oppeln) erhalten. Diese Studie soll bisher nur in polnischer Sprache vorgelegen haben und wurde am 28.04.2011 im Rahmen einer Pressekonferenz in Gleiwitz der Öffentlichkeit vorgestellt.

Internationale und breit angelegte Untersuchung

Die Untersuchung wurde von der Universität Osaka in Japan, namentlich durch den Germanistikprofessor Hiroyouki Wagata, gemeinsam mit dem Haus für deutsch-polnische Zusammenarbeit (HdpZ) in den Jahren 2009 und 2010 unter der wissenschaftlichen Leitung und Redaktion der polnischen Soziologin Frau Prof. Dr. Danuta Berlinska vom Schlesischen Institut in Oppeln durchgeführt.  Nach wissenschaftlichen Kriterien und durch die Anleitung von Frau Prof. Dr. Berlinska wurden aus den Mitgliedern der SKGD Oppeln 500 zu befragende Personen ausgesucht.

Ergebnisse bestätigen die Forderungen und Ziele der AGMO e.V.

Die Ergebnisse der Untersuchung bestätigen weitestgehend die in den letzten Jahren verfolgten Ziele und Forderungen der AGMO e.V.

So sagen fast die Hälfte der befragten Personen aus, dass die Umsetzung der Rechte der deutschen Volksgruppe selbst nach den Maßstäben des polnischen Minderheitengesetzes unzureichend sei. Ein Ärgernis stellt für vier Fünftel der Befragten das ihrer Auffassung nach zu lange Warten auf die Einführung von Deutsch als amtlicher Hilfssprache dar.

Die Studie erläutert, wie sich die ethnische und nationale Identität eines Menschen bereits in den Kindheitsjahren herausbildet. Dies zugrunde gelegt, macht es für die AGMO e.V. unmöglich, sich mit dem allseits propagierten „Konzept“ einer sogenannten Zweisprachigkeit in der schulischen Ausbildung der Deutschen in der Republik Polen zufrieden zu geben. Bilingualität läuft, wie dies uns die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte lehren, de facto zumeist darauf hinaus, dass Polnisch geschrieben bzw. geredet und ins Deutsche lediglich übersetzt wird. Von einem bilingualen Konzept schulischer Ausbildung für die deutsche Volksgruppe riet vor rund einem Jahr ein hoher Beamter des polnischen Innenministeriums ab. Dobiesław Rzemieniewski, Leiter der Abteilung für nationale und ethnische Minderheiten im polnischen Innenministerium (MSWiA), sagte bei einer Konferenz über Zweisprachigkeit in Oberschlesien am 3. und 4. Dezember 2010 in Stubendorf (Oberschlesien), dass bilinguale Schulen in der Praxis nicht funktionieren. Entscheidend wäre, dass die Kinder nationaler Minderheiten in einem Schulnetzwerk (flächendeckende Kindergärten und Grundschulen, eig. Anm.) die Minderheitensprache als Muttersprache erlernen könnten.

Nur durch die flächendeckende Einrichtung deutscher Kindergärten und Grundschulen in Trägerschaft der Organisationen der deutschen Volksgruppe in der Republik Polen kann also selbst nach Auffassung polnischer Regierungsbeamter der Forderung nach Identitätsfestigung durch Sprachbindung, wie sie sich auch der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, der Beauftragte der Bundesregierung für nationale Minderheiten, Dr. Bergner MdB, in einem Schreiben an die AGMO e.V. aus dem Jahr 2010 zu eigen macht, entsprochen werden.

Deutsch als Muttersprache (DaM) stark rückläufig

Einen weiteren Beweis  für die negativen Folgen des vollständigen Fehlens deutscher Kindergärten und Grundschulen sieht die AGMO e.V. darin, dass zwar immerhin noch 39 % der Mitglieder der SKGD Oppeln Deutsch als ihre Muttersprache bezeichnen. Doch was, so die drängende Frage, ist mit den übrigen 61 % der organisierten Deutschen? Zudem differenziert die Zahl sehr stark nach verschiedenen Altersgruppen. So bezeichnen in der Gruppe der über 75-Jährigen – also solchen Menschen die Anfang der 1940er Jahre noch eine deutsche Volksschule in Oberschlesien besucht haben – mehr als vier Fünftel die deutsche Sprache als ihre Muttersprache. In der Enkelgeneration der 35- bis 44-Jährigen, die nie deutschen Schulunterricht geschweige denn einen deutschen Kindergarten oder eine deutsche Grundschule besuchen konnten und deren Eltern das Deutsche auch nur unzureichend sprechen, reduziert sich die Zahl der deutschen Muttersprachler auf weniger als fünf Prozent. Die Deutschen im Bezirk Schlesien (Kattowitz) und in den nördlichen Gebieten der Republik Polen wurden leider bei der Untersuchung nicht berücksichtigt.

Deutsche Version der Untersuchung kam binnen kürzester Zeit aus Japan

Die AGMO e.V. dankt Professor Wagata ausdrücklich für seine Kooperationsbereitschaft. Seine Bereitschaft sich mit der AGMO e.V. auszutauschen, macht eine Verbreitung der Studie in deutscher Sprache erst möglich, nachdem entsprechende Anfragen beim Dachverband der Deutschen dem Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften (VdG) und beim Herausgeber der Studie, dem Haus für deutsch-polnische Zusammenarbeit (HdpZ) in Oppeln und Gleiwitz, ergebnislos verliefen.

Sinn und Zweck hinter den Konzepten von „Deutsch als Muttersprache“ (DaM) und „Deutsch als Minderheitensprache (DaMi)“

Somit stellt sich für die AGMO e.V. die Frage, weshalb seitens der Verantwortungsträger der deutschen Volksgruppe und der bundesdeutschen Botschaft und Konsulate in der Republik Polen, mehr und mehr von „Deutsch als Minderheitensprache“ (DaMi) und nicht mehr von „Deutsch als Muttersprache“ (DaM) die Rede ist? Hat man das Ziel einer Identitätsfestigung bzw. Wiedererlangung dieser Identität durch Bindung an die deutsche Muttersprache zwischenzeitlich aufgegeben? Soll die deutsche Volksgruppe in der Republik Polen sprachlich und damit im Endeffekt auch kulturell sowie in der Folge politisch vom Status einer „Gruppe des deutschen (Staats-)Volkes“ (Volksgruppe) zu einer Minderheit (Deutsch als Minderheitensprache) umgewandelt werden?

Es verheißt aus Sicht des Vorstands der AGMO e.V. in diesem Zusammenhang nur wenig Gutes, wenn Anfragen mit der Bitte um Auskunft über die Ergebnisse eines sogar in Zeitungen und im Radio beworbenen sog. „Runden Tischs – Deutsch als Minderheitensprache“, der am 25.08.2011 tagte, nicht oder nur abschlägig beantwortet  werden. Die Tagung sei eine interne Arbeitssitzung gewesen, deren Ergebnisse daher nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnten, lautete unisono die Auskunft der angefragten Einrichtungen und Behörden.

Die Frage des Erwerbs der deutschen Sprache als Muttersprache und die dazu notwendigen Schritte sollten nach Auffassung der AGMO e.V. nicht hinter verschlossenen Türen besprochen, sondern vielmehr in einer breiten Diskussion der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Sprache ist das wesentlichste Kommunikationsmittel des Menschen. Über die Art und Weise ihrer Verwendung muss daher in aller Offenheit gesprochen werden können.

Weitere Informationen zur Studie und eine Datei der deutschen Fassung können Sie über das Kontaktformular auf der AGMO-Internetseite unter http://www.agmo.de/kontakt anfordern.