Vortrag der AGMO e.V. auf dem 19. Schlesienseminar

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"Zwischen Recht und Wirklichkeit" - Die Deutschen in der Republik Polen und das Menschenrecht auf Muttersprache

1. Teil - Einleitung und rechtliche Voraussetzungen

I. Einleitung


Sehr geehrte Damen und Herren,

vorab bedanke ich mich recht herzlich im Namen der AGMO e.V. für die Einladung zum 19. Schlesienseminar und die damit gebotene Möglichkeit, einen Beitrag zu der dringenden und hoffentlich alle hier drängenden Debatte über die Deutschen in der Republik Polen und das Menschenrecht auf Muttersprache leisten zu dürfen.

Weshalb spricht man von einem Menschenrecht auf Muttersprache? Was sind die Grundlagen dieses Menschenrechts, sofern es tatsächlich bestehen sollte?

Aufgrund des zeitlichen Rahmens von 20 Minuten und aufgrund dessen, dass sich die praktische Umsetzung eines formalen "Menschenrechts auf Muttersprache" in der Rechtswirklichkeit des Bildungsbereichs, besonders im Falle der deutschen Volksgruppe in der Republik Polen, wie unter einem Brennglas exemplarisch betrachten lässt, konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf den Bereich von Vor- und Grundschulen, also auf Kinder im Alter zwischen drei und zwölf Jahren. Anhand vieler anderer Aspekte des täglichen Lebens ließen sich entsprechende ähnliche Argumentationslinien aufbauen, jedoch nirgends könnte das so konzentriert geschehen, wie bezüglich des Schulwesens für die deutsche Volksgruppe in der Republik Polen.

Abschließende Diskussionsrunde des 19. Schlesienseminars: 3. von rechts Bernard Gaida,
Vorsitzender des Verbandes der deutschen Ges. in der Rep. Polen (VdG)

Wissenschaftliche Studien belegen, dass die ersten Lebensjahre für den Erwerb einer Sprache als Muttersprache entscheidend sind. Die entsprechenden Forschungsergebnisse fasst für deutsch/englischsprachige Kinder Anna Kromer in ihrer psychologischen Diplomarbeit "Der Einfluss von Zweisprachigkeit (deutsch/englisch) auf die sprachliche Entwicklung 3 ½ bis 4 ½ Jahre alter Kindergartenkinder" aus dem Jahr 2009 zusammen. Auch die 2011 vom HdpZ veröffentlichte Studie "Soziologische Untersuchung der Mitglieder der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien" geht auf die Bedeutung des frühkindlichen Erwerbs einer Sprache als Muttersprache (!) ein.

Fragt man nach einer möglichen Diskrepanz von Recht und Wirklichkeit hinsichtlich eines "Menschenrechts auf Muttersprache", stellt sich zugleich die Frage nach der Wirksamkeit internationaler Übereinkommen wie der "Allgemeinen Erklärung der UNESCO zur kulturellen Vielfalt", des "Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten" und der "Europäischen Charta für Regional- und Minderheitensprachen" sowie der effektiven Umsetzung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages, des polnischen Minderheitengesetzes von 2005 aber auch der entsprechenden Regelungen der polnischen Verfassung. Der ungehinderte Zugang zu schulischer Bildung der Muttersprache und schulischer Bildung in der Muttersprache stellt nämlich das fundamentalste Anliegen einer jeden Volksgruppe bzw. ethnischen und sprachlichen Minderheit dar.

II. Die Rechtsgrundlagen

Verschiedene nationale, polnische, europäische und weltweit gültige internationale Rechtsdokumente und Abkommen lassen die Schlussfolgerung als naheliegend erscheinen, dass man mit einiger Berechtigung nicht nur von einem "Recht", sondern vielmehr noch von einem "Menschrecht auf Muttersprache" sprechen sollte.

1. Allgemeine Erklärung der UNESCO zur kulturellen Vielfalt aus vom November 2001

Dieses UNO-Dokument wird hinsichtlich unseres Themas, das heute zur Debatte steht, sehr konkret und gibt wichtige Hinweise auf die Frage, ob es ein Menschenrecht auf Muttersprache existiert.

Artikel 5 - Kulturelle Rechte zur Schaffung eines Umfeldes für kulturelle Vielfalt

„Kulturelle Rechte sind integraler Bestandteil der Menschenrechte, die universell gültig, unteilbar und aufeinander bezogen sind. […] Deshalb sollte jeder die Möglichkeit haben, sich selbst in der Sprache seiner Wahl auszudrücken und seine Arbeiten zu erstellen und zu verbreiten, insbesondere in seiner Muttersprache; jeder hat Anspruch auf eine qualitativ hochwertige Bildung und Ausbildung unter voller Achtung seiner kulturellen Identität […]“

2. Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen vom 5. November 1992 und Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten vom 1. Februar 1998

Die allgemein gehaltene "Erklärung der UNESCO zur kulturellen Vielfalt" wird inhaltlich im "Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten" und durch die "Europäische Charta für Regional- und Minderheitensprachen" konkretisiert, wobei in beiden Vertragswerken des Europarats ausführlich auf den Spracherwerb durch Schulunterricht Bezug genommen wird.

Ebenso wie die genannten Abkommen wurden der "Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte" (kurz: UN-Zivilpakt) vom 19.12.1966 und die "Erklärung über die Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören" vom 18.12.1992 der UN-Generalversammlung, deren Behandlung den vorgegebenen  Rahmen sprengte, von der (Volks-)Republik Polen ratifiziert.

Johannes Golawski von der Landsmannschaft Schlesien in Siegburg
neben dem Vors. der AGMO e.V., Dr. Tobias Körfer

III. Umsetzung in innerstaatliches polnisches Recht

Es stellt sich nun die Frage, inwiefern und ob die entsprechenden allgemeinen, internationalen Rechtsgrundlagen in innerstaatliches polnisches Recht umgesetzt wurden.

Die Verfassung der Republik Polen vom 2. April 1997 besagt in Artikel 35, Absatz 2:

"Nationale und ethnische Minderheiten haben das Recht auf Bildung eigener Ausbildungs- und Kultureinrichtungen sowie der Einrichtungen, die dem Schutz der religiösen Identität dienen. Sie haben auch das Recht an Entscheidungen in solchen Angelegenheiten beteiligt zu werden, die ihre kulturelle Identität betreffen."

Auf diesem fortschrittlichen Geiste aufbauend konnte die Republik Polen vor dem EU-Beitritt im Jahre 2004 auch den sog. "Kopenhagener Beitrittskriterien", deren Anerkennung 1993 vom Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs als Voraussetzung für den Beitritt neuer Mitgliedsstaaten zur Europäischen Union formuliert wurden, zustimmen. Als "politisches Kriterium" ist darin enthalten: "Institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung sowie die Achtung und den Schutz von MINDERHEITEN."

Innerstaatliche polnische Gesetze (etwa das polnisches Minderheitengesetz von 2005), aber auch bilaterale Verträge wie der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag und darauf aufbauende Verordnungen des polnischen Bildungsministeriums vom 24.03.1992 und 03.12.2002 sowie vom 14.11.2007 ermöglichen den deutschsprachigen Unterricht in verschiedenen Ausformungen.

IV. Ergebnis der Betrachtung der formalen Voraussetzungen

Die Frage, ob bzgl. der Thematik "Möglichkeiten zum Erwerb der Muttersprache" internationale menschenrechtliche Mindestvorgaben zwischenzeitlich in innerpolnisches Recht übernommen worden sind, ist eindeutig zu bejahen. Die Republik Polen hat zudem mit ihrem Minderheitengesetz von 2005 eines der fortschrittlichsten seiner Art innerhalb der EU erhalten. Man muss dazu wissen, dass in Frankreich etwa, dem "Mutterland der Menschenrechte", es qua Verfassung nur Franzosen und somit keine anzuerkennenden nationalen Minderheiten geben kann, wodurch aus Sicht des französischen Staates entsprechende Gesetze überflüssig erscheinen.

2. Teil - Die Rechtswirklichkeit

V. Der schwarze Kasten

Formaljuristisch betrachtet bestehen für die deutsche Volksgruppe und Ihre Kinder in der Republik Polen vorzügliche Voraussetzungen, das Menschenrecht auf Muttersprache wahrzunehmen.

Gleich einer labortechnischen Versuchsanordnung könnte man sagen, es gibt in der Republik Polen:

a) eine als nationale Minderheit offiziell anerkannte deutsche Volksgruppe
b) ein formaljuristisch ausgefeiltes rechtliches System des Minderheitenschutzes

und es wäre anzunehmen, dass, steckte man diese beiden Dinge in einen "schwarzen Kasten", nach nunmehr über 20 Jahren eine sprachlich prosperierende deutsche Volksgruppe zum Vorschein kommen müsste. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie die vom HdpZ herausgegebene, am 28. April 2011 veröffentlichte Studie der Universitäten Osaka und Oppeln über die soziologische Struktur der deutschen Volksgruppe im Bezirk Oppeln belegt.

39 % der Mitglieder der deutschen Volksgruppe in der Woiwodschaft Oppeln bezeichnen demnach Deutsch als ihre Muttersprache. Jedoch liegt die Zahl der deutschen Muttersprachler in der Generation der 35- bis 44-Jährigen, also denjenigen Deutschen in Oberschlesien, die nie deutschen Schulunterricht besuchen konnten und deren Eltern das Deutsche ebenfalls zumeist nur unzureichend sprechen, bei weniger als fünf Prozent. Bei den seinerzeit über 75-Jährigen, also solchen deutschen Oberschlesiern, die noch die ersten Schuljahre bis 1945 eine deutsche Volksschule besucht haben, sind es hingegen fast 80% die als Muttersprache „deutsch“ angeben. Die Volkszählungsergebnisse des Zensus 2011, so sie auch statistische Fehler und Mängel beinhalten mögen, weisen in etwa die gleiche nicht positive Entwicklung aus.

Weshalb also erhält man mit dem eingangs beschriebenen Versuchsaufbau des "schwarzen Kastens" nicht die zu erwartenden Ergebnisse?

Hier könnte ein Blick in die Geschichte zur Erhellung der Lage beitragen. Den Deutschen, die heute in der Republik Polen leben, war es nach 1945 über Jahrzehnte hinweg verboten, ihre deutsche Kultur und Sprache zu pflegen. Infolge dessen starb der häusliche Gebrauch des Deutschen weitestgehend aus. Der jahrzehntelange Assimilierungsdruck mit erheblichen Auswirkungen auf das Verhalten der Deutschen im öffentlichen und privaten Raum entfaltet offenbar bis in unsere Zeit hinein sichtbare Wirkung. Die Frage, welche sich stellt, ist die, ob durch die genannten europäischen Vertragswerke derartige Folgeerscheinungen ethnischer Diskriminierung behoben oder wenigstens in der Form „positiver Diskriminierung“ – also einer deutlichen Bevorzugung zur Milderung der Folgen vormaliger Benachteiligung – aufgefangen werden können. Da, wie gesagt, die grundsätzliche formal-rechtliche Situation der Deutschen in der heutigen Republik Polen sich im Vergleich zu der Lage vor 1989 deutlich verbessert hat, ist die Behebung von derartigen Folgeerscheinungen ein Schlüsselmoment bei der Beurteilung der Frage einer Diskrepanz zwischen Recht und Wirklichkeit.

Stephanie Hüllmann aus Hannover bei ihrem Vortrag über „Muttersprachlosigkeit“

VI. Die Diskrepanz von Recht und Wirklichkeit

In dem ersten Bericht über die Anwendung der "Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen" in der Republik Polen vom 7. Dezember 2011 schreibt das untersuchende Expertengremium des Europarats bzgl. Absatz 3 der Charta (Verständnis und Toleranz gegenüber Regional- und Minderheitensprachen durch die Mehrheitsgesellschaft), "dass der Umfang des Schutzes oder der Förderung einer Regional- oder Minderheitensprache in vielerlei Hinsicht die Herangehensweise und die Wahrnehmung der Sprecher der Mehrheitssprache widerspiegelt und dass die Aufklärung innerhalb der Mehrheit daher von großer Bedeutung ist [...] Der Sachverständigenausschuss ermutigt die polnischen Behörden, in der Breite der polnischen Gesellschaft das Bewusstsein und die Toleranz gegenüber Regional- und Minderheitensprachen [...] zu fördern."

Das jeweilige Bewusstsein der Mehrheit und die Selbstwahrnehmung der Minderheit, welche beide miteinander zu korrespondieren pflegen, scheinen ein weiterer bedeutender Punkt bei der Beantwortung der Frage nach einer Diskrepanz zwischen Recht und Wirklichkeit zu sein.

Zwar gehört die offene, staatlicherseits gewollte, gezielte Diskriminierung von Deutschen in der Republik Polen und ihrer Sprache und Kultur seit bald 25 Jahren der Vergangenheit an. Aber immer noch finden sich Vorbehalte und Unwillen gerade im Handeln von Verantwortungsträgern in Politik und Verwaltung, die eigentlich eine Vorbildfunktion für die gesamte polnische Mehrheitsgesellschaft besitzen.

Der Minderheitenbeauftragte der Woiwodschaft Oppeln, Marek Mazurkiewicz, offenbarte genau dazu in einem Gespräch mit dem Radiosender „Radio Opole“ Anfang 2012 ein bezeichnendes Verständnis von der Notwendigkeit einer Umsetzung europäischen Rechts und freiwillig eingegangener Selbstverpflichtungen in eigenes Recht durch die Republik Polen.

Wie die „Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien“ (SKGD) auf ihrer Internetseite am 9. Januar 2012 bekannt gab, äußerte Mazurkiewicz nicht nur offen Zweifel an der Neutralität und Richtigkeit der im Bericht des Europarats enthaltenen Untersuchungsergebnisse. Er soll in dem Gespräch zudem festgestellt haben, dass die Deutschen an der gegenwärtigen Situation im Bildungswesen selber schuld wären.

Wie sehr sich die Behauptung des Oppelner Minderheitenbeauftragten in ähnliche Tendenzen polnischer politischer Vertreter einfügt, verdeutlicht unter anderem durch die Aussage des Vertreters der Kanzlei des polnischen Premiers auf dem XV. dt.-poln. Forum am 14.04.2011 in Berlin. Unter Bezugnahme auf die angebliche Benachteiligung der polnischsprachigen Bevölkerungsgruppe in der Bundesrepublik Deutschland, äußerte Dr. Miszczak: „Zuerst die Symmetrie und erst dann die Wünsche der deutschen Minderheit.“

Teilweise waren auch die sog. "deutsch-polnischen Rundtischgespräche", die ab Februar 2010 der Beurteilung der bisherigen Vertragspraxis des deutsch-polnischen Nachbarschafts- vertrages im Vorfeld des 20. Jahrestages der Unterzeichnung dieses wichtigen bilateralen Dokuments dienen sollten, von einer vergleichbaren Tonlage geprägt.

Im Rahmen der ersten Gesprächsrunde am deutsch-polnischen Runden Tisch am 11.02.2010 legten die Vertreter der deutschen Volksgruppe einen Katalog vor, in dem unter anderem die deutliche Forderung nach durchgehend deutschsprachigen bzw. bilingualen Kindergärten und Schulen zum Ausdruck gebracht wird. Die Gespräche am "Runden Tisch" teilten sich in der Folge in drei Arbeitsgruppen auf. Eine davon beschäftigte sich ein Jahr später am 08.02.2011 mit dem Bereich "Sprachproblematik/Schulwesen". Bei dieser Zusammenkunft erhoben Vertreter der Deutschen in der Republik Polen erneut die Forderung nach einem "deutschen und bilingualen Bildungssystem (Vorschulbildung inklusive)".

Das später von deutschen und polnischen Regierungsvertretern angenommene Protokoll der Sitzung vom 8. Februar 2011 gab jedoch lediglich Folgendes wieder: "Eine institutionelle, rechtliche und materielle Unterstützung der von den Verbänden der deutschen Minderheit unternommenen Aktivitäten, die das Ziel haben, Schulen allen Typus zu gründen, darunter insbesondere bilinguale Schulen und Kindergärten mit Deutsch als Muttersprache." Von den ursprünglichen Forderungen der Deutschen in der Republik Polen blieb nur wenig erhalten.

Die Ereignisse an der "Grundschule Nr. 5 für die deutsche Minderheit in Ratibor-Studen" im Jahr 2010 spiegeln die Stimmung politischer Verhandlungsrunden auf der lokalen Ebene wider. Die AGMO e.V. hat diesen exemplarischen Vorfall in einer Studie aus dem Jahr 2012 wissenschaftlich aufgearbeitet:

„Zweisprachige Grundschule Nr. 5 in Ratibor-Studen“ - Wie ringen Volksgruppen in der EU für die Umsetzung von Minderheitengesetzen?

Die Untersuchung dokumentiert und analysiert die Vorkommnisse an der zweisprachigen Grundschule Nr. 5 in Ratibor-Studen zwischen Herbst 2009 und Herbst 2010, besonders die unter fadenscheinigen Argumenten erfolgte plötzliche Absetzung des bilingualen Unterrichts im Februar 2010.

Zweieinhalb Jahre danach im Sommer 2012 sah sich die Grundschule Nr. 13 in Cosel-Rogau wegen, wie sich im Nachhinein herausstellte, unerheblicher Formfehler einem durch Presse und von Teilen der polnischen Politik, insbesondere der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), losgetretenen Sturm der Entrüstung ausgesetzt, infolgedessen die Direktorin der Grundschule sich mit mehreren behördlichen Verfahren konfrontiert sah und ihre Anstellung als Schulleiterin verlor. Vor wenigen Monaten gelangten die untersuchenden Schulbehörden nach mehr als zwei Jahren zu dem Schluss, die vormalige Schulleiterin habe sich keinerlei justiziable Versäumnisse und Dienstpflichtverletzungen zuschulden kommen lassen.

Sich jährlich wiederholende Klagen über Fehlverwendung von für den muttersprachlichen Deutschunterricht gedachten finanziellen Zuschüssen des Bildungsministeriums in Warschau durch die Gemeinden, der Mangel an angemessenen didaktischen Materialien und Lehrbüchern und die ungenügende Anzahl solcher für den Deutschunterricht und den deutschen Schulunterricht ausgebildeter Fach-Lehrkräfte sind weitere Beispiele für das in der Praxis nur lückenhaft wahrnehmbare Menschenrecht auf Muttersprache im Bereich der Vor- Und Grundschulen.

Schloß Groß Stein – ein guter Veranstaltungsort

3. Teil - Schlussfolgerung

Moderne europäische Staaten können derartige Abweichungen der Wirklichkeit vom Recht nicht mehr akzeptieren. Volksgruppen und Minderheiten müssen effektiv geschützt und gefördert werden. Es sollte daher nunmehr die nachhaltige Umsetzung der breit angelegten, jüngst überarbeiteten "Bildungsstrategie der deutschen Minderheit" – in Zusammenarbeit mit den Institutionen der deutschen Volksgruppe in der Republik Polen allen voran der „Verband deutscher Gesellschaften“ (VdG) – stattfinden. Um den bisher noch nicht gänzlich abgewendeten, drohenden weiteren Verlust an Sprachbindung und damit Identitätsfestigung innerhalb der deutschen Volksgruppe in der Republik Polen entgegenzuwirken, müssten sowohl die polnische als auch die deutsche Bundesregierung im Rahmen der weiteren Rundtischgespräche und Regierungskonsultationen die mittlerweile mehrfach deutlich artikulierten Wünsche und Vorstellungen der Deutschen in der Republik Polen (vgl. dazu die „Berliner-Erklärung“ des VdG vom 11.03.2013) aufgreifen und ernsthaft umsetzen.

Internationale Verträge und Abkommen (des Europarats, der UNESCO, der dt.-poln. Nachbarschaftsvertrag) und Überwachungsberichte zur Umsetzung des "Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten" und der "Europäischen Charta zum Schutz von Regional- und Minderheitensprachen" bieten dazu gute Handreichungen.

Die gemeinnützige Gesellschaft wurde 1980 als Arbeitsgemeinschaft Menschenrechtsverletzungen in Ostdeutschland (AGMO) gegründet.
Die AGMO e.V. wurde im Jahre 1990 in das Vereinsregister eingetragen.