Oppelner Springprozession – zwei Schritte vor und drei zurück

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Einsicht in Warschau – Provokation in Oppeln

Im vom katholischen Glauben tief durchdrungenen Polen kennt man sich mit Prozessionen aus. So dürfte es vielleicht nicht sehr überraschen, dass sich offenbar eine alte Prozessionsform aus dem Raum der Eifel und der Ardennen ihren Weg Richtung Osten jenseits von Oder und Neiße gebahnt hat.

Der seit dem Mittelalter stattfindenden Echternacher Springprozession sagte man nach, dass die Pilger und Prozessionsteilnehmer sich unter anderem mit zwei Schritten vor und einem zurück auf ihr Ziel zubewegt haben sollen. Ob es diese Fortbewegungsform wirklich jemals gegeben hat und woher diese besondere Form der Prozession herrührt, ist nicht zweifelsfrei geklärt und wird vielleicht auch weiterhin im Dunkeln und ungeklärt bleiben.

„Echternacher Springprozession“ Bildquelle: wikipedia.de

Fragliche Ursprünge – hüben wie drüben

Die fraglichen Ursprünge scheinen die Übernahme dieser Prozessionsform durch die polnische Politik im Bezirk Oppeln nicht behindert zu haben. Im Dunkeln liegen auch zwischen Oder, Neiße und Weichsel die Entstehung und die Ursprünge vieler Entschlüsse und Entscheidungen. Doch das war es dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Bewegte sich die Springprozession in dem Ardennenstädtchen zwar langsam, aber immer einen Schritt mehr nach vorne als zurück, drehen Teile der polnischen Politik dieses System um und legen beim Prozessieren eine noch eigenwilligere Schrittfolge zugrunde. In Oppeln agiert man mit zwei Schritten nach vorn und dreien zurück.

Offenkundiger Widerspruch billigend in Kauf genommen

Anders kann man die offenkundigen Widersprüche zwischen der am 16. Februar 2015 um Jahre verspätet vorgelegten Antwort der polnischen Regierung auf den Bericht des Europarats vom 7. Dezember 2011 zur Anwendung der Europäischen Sprachencharta in der Republik Polen und einem skandalträchtigen Beschluss des Regionalparlaments des Bezirks Oppeln („Sejmik“), dem Bezirk mit dem größten deutschen Bevölkerungsanteil in der Republik Polen, nicht bezeichnen. Die Stellungnahme der polnischen Regierung kann hier (leider nur in englischer Sprache) abgerufen werden: http://www.coe.int/t/dg4/education/minlang/Report/PeriodicalReports/PolandPR2_en.pdf

Deutete sich in der Antwort auf den Europaratsbericht Einsicht an und war die Nachricht aus Warschau, „Wir haben verstanden, die Botschaft ist angekommen, wir kümmern uns ab sofort besser als in der Vergangenheit um unsere nationalen Minderheiten“, so spricht ein vor kurzem gefasster Beschluss des Oppelner „Sejmik“ eine andere gänzlich Sprache. Völlig aus dem sachlichen Zusammenhang gerissen wurde mit den Stimmen aller polnischen Parteien (außer derjenigen des „Wahlkomitees der deutschen Minderheit“) entschieden, dass das Zeichen des sogenannten „Bundes der Polen in Deutschland“, das Rodło, in die Amtskette des Marschalls (Parlamentspräsidenten) des Regionalparlaments im Bezirk Oppeln eingefügt werden soll.

Provokation als Selbstzweck

Wenn Sie sich nun fragen: „Was hat dieses 1932 entworfene Symbol der „Polen in Deutschland“ mit dem Bezirk Oppeln zu tun?“, dann sehen sich mit der AGMO e.V. Seit an Seit. Wir können es uns nicht erklären. Eine Ursache mag akut grassierender geschichtsblinder Nationalismus gewesen sein. Der Fraktionsvorsitzende der nationalistischen Kaczynski-Partei „PiS“ im Oppelner Sejmik, Norbert Krajczy, bemühte sich folgerichtig nicht einmal, seinen dumpfen Nationalismus zu verschleiern. In einer führenden Regionalzeitung wird er wie folgt wiedergegeben: „Die deutsche Minderheit hat hier nichts zu sagen, das ist rein mathematisch belegt.“ (http://www.vdg.pl/de/article/2636-insignien-des-marschalls-der-wo-werden-das-symbol-der-polen-in-deutschland-beinhalten).

„Das Rodło – Zeichen des Bundes
der Polen in Deutschland“, Bildquelle wikipedia.de

Provokation mag von manchen Vertretern der polnischen (Regional-)Politik als Mittel der Wahl gelten, um womöglich auch von eigenen politischen Versäumnissen abzulenken und den Wählern dennoch etwas vorweisen zu können. Welche Ziele einer dieser Gestalt rückwärts schreitende Prozession erreichen könnte, das möge hoffentlich nie in der Wirklichkeit erwiesen werden.

Solche Provokationen nützen niemandem, sondern beschämen vielmehr zahlreiche in die Zukunft gerichtete Initiativen. Durch das Ausspielen von Polen in der Bundesrepublik Deutschland und deutscher Volksgruppe in Oberschlesien wird keine zufriedenstellende Zukunft ermöglicht, sondern der politische Rückwärtsgang eingelegt. Die AGMO e.V. hofft, dass hier rechtzeitig und energisch genug auf die Bremse getreten wird.

Die gemeinnützige Gesellschaft wurde 1980 als Arbeitsgemeinschaft Menschenrechtsverletzungen in Ostdeutschland (AGMO) gegründet.
Die AGMO e.V. wurde im Jahre 1990 in das Vereinsregister eingetragen.